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Annaberg nicht mehr zu retten
Es geht um die Schließung der Zeche Walsum, wenn sich am Freitag
der
Landtagsausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie in
Düsseldorf trifft.
RP-Redakteur Rainer Kaußen sprach mit CDU-Landtagsmitglied
Marie-Luise Fasse
Frau Fasse, was bedeutet es nach Ihrer Einschätzung,
dass am Freitag ein Parlamentsausschuss über die Schließung
eines Bergwerkes diskutiert? Es zeigt, was auf diesem Gebiet in
Bewegung gekommen ist noch vor ganz wenigen Jahren wäre es
undenkbar gewesen, den Fortbestand
einer Schachtanlage öffentlich in Frage zu stellen.
Trotzdem gibt es in Rheinberg, auf dem Annaberg
Menschen, die fürchten, ihre Interessen würden einer Allparteienkoalition
geopfert. Konkret: Über Walsum wird geredet und das Bergwerk
West legt unverdrossen den Annaberg flach.
Die ganz klare Position der CDU: Von uns wird kein Bergbau-Betroffener
gegen den anderen ausgespielt, keiner wird bevorzugt, keiner benachteiligt.
Trotzdem spricht der Ausschuss nur über den
Schacht Walsum.
Die beiden Bergwerke, die Sie angesprochen haben, kann man thematisch
nicht vermischen. Das eine will unmittelbar unter dem Rhein abbauen, das
andere ein Stück davon weg dabei aber bis lang hochwassersichere
Gebiete so tief legen, dass ein neues Überflutungspotenzial entsteht.
Wir wollen das Gefährdungspotenzial insgesamt so gering wie möglich
halten. Aber das geht und dafür kann ich nur um Verständnis
bitten nur Schritt für Schritt. Es gibt die Kohlevereinbarungen
von 1997 die Zahlen sind rechtsverbindlich zustande gekommen bei
Verhandlungen auf Bundes- und Länderebene. Unser
Ziel ist es, die Subventionen nach einem Auslaufen der Vereinbarung zu
gunsten von Forschung und Innovation zurückzufahren. Dazu liegt ein
Beschluss der CDU-Fraktion mit sieben Punkten vor.
unter anderem zum Kapazitätsabbau?
Richtig. Wir sind für die Halbierung der jährlichen Fördermenge
bis zum Jahr 2010 auf dann 13 Millionen Tonnen. Außerdem muss das
Land um
einen anderen Punkt anzusprechen nach unserer Überzeugung von
der
Bundesregierung die Anschlussregelung an den Kohlekompromiss für
den Zeitraum 2006 bis 2010 einfordern. Die Unternehmen und die Berg
leute brauchen Planungssicherheit. Das Land soll seine Subventionierung
der Steinkohle ab 2006 um jährlich 50 Millionen Euro reduzieren.
Die so gewonnenen Mittel sollen für ein Sonderprogramm zur gezielten
Verbesse
rung von Forschung und Lehre an den Hochschulen eingesetzt werden. Und
es soll auch klar gesagt werden, dass die Förderung von heimischer
Steinkohle im Unterschied zur Fördertechnologie nicht
mehr zu den Zukunftskompetenzen des Landes zählt. Die Fördermengen
zu kappen wäre schon ein toller Schritt. Vor allem, wenn die die
Kohle an den richtigen Stellen in der Erde bliebe. Deshalb geht es uns
beispielsweise
darum, die Ewigkeitskosten, also die bis in alle Zukunft anfallenden
Förderungs-Folgekosten, einzudämmen. Da, und beinahe nur da,
kann die Politik ein bisschen Einfluss nehmen. Und wir sind uns mit den
Grünen und mit der FDP einig, dass wir das tun wollen.
Wäre es dann nicht sinnvoll, die Tagesordnung
der Ausschusssitzung am Freitag kurzerhand zu erweitern und das Bergwerk
West mit auf den Themenzettel zu schreiben?
Beide Bergwerke hängen thematisch natürlich zusammen. Aber es
geht
hier um ein rechtsstaatliches Verfahren, in dem ein Schritt nach dem an
deren getan werden muss. Man kann nicht abrupt alle Bergwerke schließen
allein schon aus arbeitsmarktpolitischen Gründen. Hier im Kreis
Wesel schlägt ein Defizit der Landespolitik eklatant durch: die fehlende
Förderung des Mittelstandes. Denn fast nur die mittelständischen
Unternehmen haben in den letzten Jahren Arbeitsplätze geschaffen.
Und wir brauchen dringend neue Stellen für diejenigen, die heute
noch im Bergbau arbeiten. Das wird nicht von heute auf morgen gelingen.
Und während daran gearbeitet wird, wird aus
dem Annaberg das "Annatal". Ist der Stadtteil also nicht mehr
vor der Kohlefraktion zu retten?
Wir sprechen über einen Zeitablauf von fünf bis zehn
Jahren. Und man muss in der Tat davon ausgehen, dass so lange das Bergwerk
West weiter arbeiten wird. Ich bin der Meinung, dass die betroffenen Menschen
am Annaberg den Anspruch auf diese ehrliche Aussage haben.
Kommentar
Kein Ausweg
Von RAINER KAUSSEN
Es ist nicht leicht, unangenehme Botschaften zu überbringen. Doch
das, was Marie-Luise Fasse im RP-Intterview sagte, haben die Annaberger
längst gespürt: Der Bergbau wird sie nicht verschonen. Der Bergbau
er hat sie längst erreicht. Wie die RP erfuhr, kratzen die
Kumpel zurzeit die Kohle unter dem neuen Aldi-Logistikzentrum aus der
Erde. Von dort aus ist es nur noch ein Katzensprung bis zu den Wohnhäusern.
Auch wenn es noch so aberwitzig ist, so ist doch kein Ausweg erkennbar:
Der Annaberg wird noch flach gelegt und dann kommt der Deckel auf
den Pütt. Trotzdem darf die Schutzgemeinschaft Bergbaubetroffener
nicht in Agonie erstarren: Schlagen erst die Bergschäden bis an die
Erdoberfläche durch, dann stehen noch harte Auseinandersetzungen
mit dem Bergbau bevor.
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