Pressemitteilung 19. Tag EÖT 16. bis 19. 12. 2002



19-12-2002


TOP 8 Hochwasserschutz


• Erhöhung der Hochwassergefahren
• Keine Berücksichtigung des veränderten Hochwasserrisikos durch befürchtete Deichbrüche
• Gefährdung der Standsicherheit von Deichen
• keine nachhaltige Sicherung durch Deicherhöhungsmaßnahmen
• Furcht vor Anfschweimmen der Deiche durch zu geringe Pumpleistungen
• keine Berücksichtigung des veränderten Hochwasserrisikos und des Hochwasserschadenspotentials
• Fehlende Frotschreibung der Hochwassermodellierung
• Furcht vor weiträumigen Überflututngen bei Hochwasserereignissen in rheinfernen Gebieten
• Fehlen nachvollziehbarer Szenarien über erforderlichen Flächen- und Retentionsbedarf
• Forderung der Übernahme von Deichverbandsbeiträgen durch die DSK für die neuen Mitglieder
• Widerspruch zu Zielen des IKSR
• Fehlen gültiger Katastrophenschutzpläne
• Fehlen von heutigen und künftigen Höhenlinien in den Karten
• Forderung nach Ausstattung der Deichverbände mit aktuellem digitalen Geländemodell
• Planung zur Minderung des Schadenspotentials (zweite Deichverteidigungslinie, Schlafdeich)

19.12.02

Dr. Mojib Latif vom Max Planck Institut für Klimaforschung referiert über Klimaänderungen und Starkregenereignisse:
„Klimamodellsimulationen zeigen, dass sich extreme Niederschlagsereignisse bei weiter fortschreitender globaler Erwärmung werden zunehmen.“ ist die zentrale Aussage des bekannten Wissenschaftlers.
Die CO2-Konzentration hat seit dem Beginn der industriellen Revolution von ca 170 auf 370 ppmv zugenommen. Während schon immer Schwankungen auftraten ist der Gehalt in der letzten Zeit auf etwas das Doppelte des bisher größten Wertes angestiegen. Die Werte sind aufgrund von Einschlüssen in sehr alte polare Eisschichten bis zu einer Zeit von ca. 450 000 Jahren in der Vergangenheit bekannt.
Durch den natürlichen Treibhauseffekt aufgrund normalerweise vorhandener Spurengase wird das Klima der Erde positiv beeinflusst. Wenn jedoch die Konzentration der Spurengase durch den Menschen verstärkt wird, wird der Treibhauseffekt – mit jahrzehntelanger Verzögerung – verstärkt und eine globale Erwärmung tritt ein.
Trotz dieser langen Verzögerung der Effekte sind inzwischen ganz eindeutige Veränderungen eingetreten. Neben den natürlichen Schwankungen (auch mit Eiszeiten) ist eine außergewöhnliche Erwärmung in den letzten 150 Jahren eingetreten.
Die Frage, ob menschliche Einflüsse oder natürliche Veränderungen dafür verantwortlich sind, beantwortet man mit Hilfe von Klimamodellen. Demzufolge wird klar, dass die natürlichen Einflüsse untergeordnet gegenüber den anthropogenen Einflüssen sind. 70% der Änderungen gehen auf das „Konto Mensch“ zurück. Dieser Diskussionsstand ist Konsens unter über 90% der Klimaforscher.
Den womöglich naiv gesehenen Vorteile „dann ist es eben abends etwas länger warm“ stehen aber ganz gravierende Nachteile gegenüber.
Die Anzahl der Starkniederschläge korrelieren eindeutig mit der gestiegenen Temperatur zu, was man an den Daten einer oberbayrischen Wetterstation (Hohenpleißberg) gut nachvollziehen kann.
Prognosen für die Zukunft:
Schätzungen für die letzten 50 Jahre: Verdoppelung bis Vervierfachung der Extremwettersituationen
Liegt der Anteil der Spurengase in ca. 100 Jahren bei dem dreifachen der heutigen Werte, ist eine Temperaturerhöhung von etwa 4° zu erwarten. Erdmitteltemperatur von 20° wäre eine einmalige Temperatur in der ganzen Erdgeschichte. Auch die Rasanz der Entwicklung von 4° in 100 Jahren ist ungeheurlich groß. Diese Temperaturänderung (in anderer Richtung) hat die Natur seit der letzten Eiszeit erst in 20000 Jahren bewirkt.
Zahl der Tage mit 30°: in Norddeutschland etwa die Grenze des einen Tages
innerhalb der nächsten 80 Jahre ist eine Verdoppleung der Tage zu erwarten.
Niederschläge gemittelt: Nord- und Mitteleuropa mehr, Südeuropa weniger Niederschläge.
Anzahl der Regentage: die Anzahl nimmt in ganz Europa ab.
Der Niederschlag erhöht sich, die Anzahl nimmt ab, d.h. wenn es regnet, dann heftig. Die Extremniederschläge werden zu nehmen. Alle Modelle zeigen, dass über den Landregionen die Niederschläge zum Teil verdoppelt werden. Auch die Trockenphasen werden zunehmen, länger und häufiger auftreten. Das Klima wird insgesamt extremer bezogen auf den Wasserhaushalt.
Schlussfolgerungen:
Es wird eine Zunahme des mittleren Niederschlages in Nord- und Teilen Mitteleuropas gegeben. In Südeuropa hingegen wird es im Mittel noch trockener.
unabhängig davon wird es in ganz Europa eine Zunahme der extremen Niederschläge geben.
Das wir in ganz Europa zu einem höheren Flutrisiko führen.
langanhaltende Trockenphasen werden ebenfalls häufiger.
Insgesamt werden in einer wärmeren Welt die Extrem in beiden Richtungen zunehmen.
Die Prognose aufgrund rückgewandter Statistiken ist nicht mehr möglich.

Wegen der Trägheit des Systems ist eine Verdoppelung des heutigen Effektes in den nächsten 100 Jahren fast unvermeidbar.

Es gibt keine speziell anfälligen Landregionen mehr. Es kann jeden treffen.



Herr Seidel (Planungsamtsleiter der Stadt Voerde, Sachbeistand der Stadt Rheinberg) weist nochmals darauf hin, dass nach Auskunft des Bundesamtes für Gewässerkunde die Hochwasserabflüsse innerhalb der letzten 30 Jahre um ca. 50% zugenommen haben.
Sehr bedenklich erscheint in diesem Zusammenhang, dass das zur Zeit gültige Bemessungshochwasser (BHW77) von einer Durchflussmenge von 14400 m³ pro sec ausgeht. Addiert man die Werte der höchsten Hochwässer der Rheinzuflüsse, so erhält man einen Wert von 18670 m³, der sicher zu einer Überflutung der Deiche führen würde. Möglicherweise ist es also nur einem glücklichen Umstand zu verdanken, dass es zu einem immensen Hochwasserschaden am Niederrhein nicht gekommen ist.

Herr Prof. Latif weist nochmals darauf hin, dass sich in einem derzeit rasant wechselnden Klima die statistischen Aussagen der Vergangenheit wie „HQ500“ oder so nicht mehr gelten!

Als Replik auf diese wissenschaftlichen Bedenken bemerkte Dr. Grün von der DSK, dass er sehr wohl die Besorgnisse teilen könne, nur „mit dem Bergwerk West hat das Ganze nichts zu tun.!
Dieser abenteuerliche Äußerung wurde von Einwenderseite heftig widersprochen. „Entweder ist sein Beitrag nur als humoristische Einlage anzusehen, Fragen habe er bewusst nicht gestellt, damit er nicht die unangenehmen Wahrheiten nochmals hören muss und vor allem auch seinen Mitarbeitern in den hinteren Reihen hören müssen, für die er ja vorgeblich so kämpft. Oder und wohl realistischer muss man das schon als brutales Verschließen der Augen vor der Realität und ein „OhneMich“-Gehabe mit einer ganz ganz großen Arroganz, nicht nur vor den Sorgen verantwortungsvoller Bürger und Wissenschaftler, sondern auch vor den Belangen aller nachfolgenden Generationen ansehen!“